Wann ist eine Therapie für ein trauerndes Kind notwendig?
Einige Hinweise und Anzeichen helfen bei der Entscheidung
Der Verlust eines Elternteils ist eine für viele Jugendliche eine negative Lebenserfahrung. Angesichts der Häufigkeit von Trauerfällen in der Kindheit werden Fachleute für psychische Gesundheit vielfach von besorgten Eltern und anderen Bezugspersonen gefragt, ob ihr Kind "auf gesunde Weise trauert" oder ob es möglicherweise eine Therapie benötigt. Dr. Julle Kaplow gibt in einem Artikel im Portal www.psychologytoday.com hilfreiche Ratschläge zum Thema.
Trauer ist eine zutiefst persönliche Erfahrung. Es gibt keinen "richtigen oder falschen" Weg, mit dem Verlust umzugehen. Jedes Kind trauert auf seine eigene Art und Weise. Die Reaktionen des Kindes werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst wie etwa die familiäre Unterstützung, das Alter, den Entwicklungsstand, die Todesumstände. Studien zeigen, dass Kinder auf die Unterstützung insbesondere von Eltern, aber auch von anderen Bezugspersonen angewiesen sind. Wenn es an Unterstützung mangelt, besteht für Kinder ein höheres Risiko, gesundheitliche Probleme zu entwickeln.
Selbst mit familiärer Unterstützung benötigen einige Kinder zusätzliche Hilfe, um sich an ein Leben ohne die physische Anwesenheit eines geliebten Menschen anzupassen. Eltern und andere Bezugspersonen sind jedoch manchmal unsicher, ob ein trauerndes Kind eine Therapie benötigt. Folgende Anzeichen können darauf hindeuten, dass trauernde Kinder und Jugendliche Unterstützung benötigen.
Entwicklungsrückschritte gehören zu den ersten Anzeichen dafür, dass ein Kind nach dem Tod eines geliebten Menschen möglicherweise zusätzliche Hilfe benötigt. Zu diesen Rückschritten können größere Veränderungen im Schlafverhalten, in der Sprache oder in den Essgewohnheiten sowie Schwierigkeiten bei der Ablösung von erwachsenen Bezugspersonen gehören. Beispiele hierfür sind etwa Verlust von Appetit, übermäßige Anhänglichkeit. Extremes Verlangen oder Sehnsucht nach der verstorbenen Person kann ein weiterer Indikator sein. Auch Rückzug, übermäßige Müdigkeit, mangelnde Motivation, an Aktivitäten teilzunehmen, die das Kind früher gerne gemacht hat, können Indikatoren darstellen.
Obwohl viele trauernde Kinder die Abwesenheit des geliebten Menschen betrauern, können sie sich auch mit dem Tod selbst beschäftigen. Dies kann in Form anhaltender Sorgen über die Art und Weise, wie die Person gestorben ist, oder in Form von Schuldgefühlen darüber, dass sie nichts tun konnten, um sie zu retten, zum Ausdruck kommen.
Bei Jugendlichen kann der Tod eines geliebten Menschen auch zu risikoreichem Verhalten führen. Dazu kann z.B. Drogenmissbrauch, rücksichtsloses Fahren gehören. Andere besorgniserregende Verhaltensweisen bei trauernden Jugendlichen, die oft mit diesen risikoreichen Aktivitäten einhergehen, sind sozialer Rückzug, Aggression, gewalttätiges Verhalten oder Selbstverletzungen.
Jedes Kind trauert anders, und es gibt keinen festen Zeitplan für die Trauer. Wenn jedoch eine der oben genannten Verhaltensweisen länger als sechs Monate nach dem Todesfall anhält und sich nachhaltig auf das tägliche Leben auswirkt oder mit Selbstverletzungs- oder Selbsttötungsgedanken einhergeht, sollten Eltern und andere Bezugspersonen den Besuch bei einer Fachkraft (z.B. systemische Beraterin, Psychologin, Psychiaterin) in Anspruch nehmen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass Kinder und Jugendliche wie Erwachsene in der Lage sind, Verluste zu verarbeiten. Sie sind dabei aber auf die Unterstützung durch ihre Eltern und andere Bezugspersonen angewiesen.
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