Viele irreführende Vorstellungen zum Thema Tod

Krankenschwester aus Hospiz berichtet

Helle Kapelle mit rotem Dach mit Aufschrift RIP

Alle Menschen werden sterben, das ist unvermeidlich. Obwohl der Tod jede:n trifft, sprechen die meisten Menschen nicht gerne darüber. Das Thema löst häufig Angst und Unsicherheit aus. Auch die Art und Weise, wie der Tod in Filmen und im Fernsehen dargestellt wird, ist nicht immer realistisch. Das führt zu vielen irreführenden Vorstellungen über den Tod und das Sterben.

Hadley Vlahos arbeitet als Krankschwester in einem Hospiz in der Gegend von New Orleans, USA. Sie räumt mit einigen dieser Mythen auf und erzählt Caroline Kee, der Autorin des hier beschriebenen Artikels, was sie über das Sterben und den Tod weiß.

Dies sind die häufigsten Missverständnisse:

Mythos 1: Der Tod kommt ganz plötzlich

Es gibt zwar plötzliche und unerwartete Todesfälle, aber das Sterben (vor allem in höherem Alter) verläuft oft langsamer und allmählicher, als den Menschen bewusst ist, denn die große Mehrheit der Menschen stirbt an einer unheilbaren Krankheit, nicht an einem Unfall. Sterben ist eher ein Prozess als ein Ereignis. "Unser Körper beginnt allmählich, sich abzuschalten ... Ein paar Monate vorher fangen die Menschen an, etwas weniger zu essen oder mehr zu schlafen ... und werden im Grunde durch alltägliche Aktivitäten etwas müder. Unser Körper weiß von Natur aus, wie er abschalten kann ... Das ist so, als wüssten unsere Körper, wie man gebärt; unsere Körper wissen, wie man stirbt, und das tun sie ganz natürlich", sagt Vlahos.

Mythos 2: Sterben ist immer schmerzhaft

Schmerzen müssen nicht zwangsläufig Teil des Sterbeprozesses sein, meint Vlahos. Allerdings können die Krankheiten oder Zustände, die dem Tod eines Menschen vorausgehen, schmerzhafte Symptome verursachen. Häufig können diese gelindert werden.

Mythos 3: Der Tod ist ein medizinisches Ereignis oder Ausdruck von Versagen

"Die Realität sieht so aus, dass es unmöglich ist, den Tod zu vermeiden", sagt Vlahos. Trotzdem wird der Tod von vielen immer noch als ein Versagen des medizinischen Systems oder als ein medizinisches Ereignis und nicht als etwas Natürliches wahrgenommen, selbst wenn eine Krankheit unheilbar ist. Dennoch, "wenn es passieren muss, kann niemand dem Tod entkommen", fügt sie hinzu. Ihrer Meinung nach sollten Menschen jedoch so sterben wie sie es sich wünschen.

Mythos 4: Hospize sind nur für Menschen, die kurz vor dem Tod stehen

Viele Menschen denken, dass Hospize nur Menschen aufnehmen, die noch eine Woche oder ein paar Tage zu leben haben, aber das stimmt nicht", erklärt Vlahos. "Wir nehmen auch Menschen auf, die nach ärztlicher Einschätzung noch sechs Monate zu leben haben ... Diese Einschätzungen sind ohnehin keine exakte Wissenschaft", fügt sie hinzu. Hospizeinrichtungen können dazu beitragen, dass sie sich wohler fühlen und informierte Entscheidungen über die Pflege am Lebensende treffen können. "Viele denken, wenn man einmal in einem Hospiz ist, kann man es nie wieder verlassen, aber man kann in ein Hospiz kommen, seine Meinung ändern, es verlassen und wieder zurückkommen", sagt Vlahos. "Es ist kein Gefängnis." Es gibt darüber hinaus auch Hospizdienste, die dorthin kommen, wo die Patient:innen sind.

Mythos 5: Hospize beschleunigen den Sterbeprozess

Ein weiterer weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Hospize den Sterbeprozess beschleunigen. Es gibt keine Beweise dafür, dass die Hospizversorgung den Tod beschleunigt, sagt Vlahos und fügt hinzu, dass sie oft erlebt, dass unheilbar kranke Patienten länger leben als ursprünglich angenommen. Diesem Mythos liegt der Irrtum zugrunde, dass die Entscheidung für ein Hospiz gleichbedeutend mit Aufgeben ist. "In Wirklichkeit ist es nur eine andere Art der Behandlung ... Wir geben die Menschen nicht auf. Wir bieten immer noch Pflege an. Wir konzentrieren uns jedoch auf Komfort und nicht auf die Heilung", sagt Vlahos. "Viele Menschen, die unheilbar krank sind und lange Zeit im Krankenhaus waren, haben das Gefühl, die Kontrolle abgegeben zu haben ... aber Hospiz bedeutet für mich, die Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen, und ich glaube, darin liegt eine Menge Kraft und Schönheit", sagt Vlahos.

Mythos 6: Sterbende Menschen sehen ein Licht am Ende des Tunnels

Was ein Mensch in den Momenten vor dem Tod sieht, hört und fühlt, kann sehr unterschiedlich sein. Laut Vlahos ist es üblich, dass Menschen in den letzten Tagen oder Stunden vor dem Tod Visionen oder Halluzinationen haben. In den meisten Fällen handelt es sich dabei jedoch nicht um das stereotype "Licht am Ende des Tunnels", sagt sie, sondern oft um Visionen von verstorbenen Angehörigen, insbesondere von Eltern oder Ehepartnern. "Es ist ein sehr häufiges, unerklärliches medizinisches Phänomen, das wir sehen, ebenso wie der Energieschub (vor dem Tod)", sagt Vlahos und fügt hinzu, dass Visionen von verstorbenen Angehörigen bei allen Patienten auftreten können, unabhängig vom religiösen oder spirituellen Hintergrund. Sterbende Patienten können mit ihren verstorbenen Angehörigen interagieren, als ob diese im Raum wären, sagt Vlahos, während sie gleichzeitig mit den lebenden Menschen im selben Raum interagieren. "Ich habe oft das Gefühl, dass ich bei den Menschen bin, wenn sie zwischen den Welten sind", sagt sie. Oft beschreiben die Menschen, dass ihre verstorbenen Angehörigen kommen, um sie vor dem Tod auf eine gemeinsame Reise zu schicken, fügt Vlahos hinzu. "Es ist ein gewisser Friede, den man mit Worten gar nicht erklären kann."

Den Originalartikel finden Sie unter:

www.today.com/health/hospice-nurse-common-misconceptions-death-rcna88538