Trauer um Geschwister

Die Trauer um Geschwister wird oft übersehen. Stirbt ein Kind, erhalten zumeist die Eltern den Großteil an Unterstützung und Zuwendung. Doch auch Geschwister, egal in welchem Alter, kann der Verlust tief erschüttern.

Sobald ein zweites Baby in eine Familie hineingeboren wird, entwickelt sich eine Beziehung zwischen den Kindern. Beziehungen unter Geschwistern sind sehr komplex. In vielen Fällen sind sie von ganz ambivalenten Gefühlen und Verhaltensweisen geprägt. Einerseits beschützen sich Geschwister gegenseitig oder verbünden sich gegen die Eltern. Andererseits kann die Beziehung auch von Rivalität, Eifersucht, Wut oder Ärger geprägt sein. Stirbt der Bruder oder die Schwester hat diese besondere Verbindung Einfluss auf die Trauer.

So können Kinder nach dem Tod der Schwester oder des Bruders Schuldgefühle entwickeln, weil sie sich im Streit gewünscht haben, der andere möge für immer weg sein oder weil sie eifersüchtig darauf waren, dass die kranke Schwester alle Aufmerksamkeit von den Eltern erhalten hat. Möglicherweise überraschend für Eltern können bei den Kindern auch Gefühle von Erleichterung oder Freude auftreten, zum Beispiel weil sie ihre Spielsachen nicht mehr mit dem anderen Kind teilen müssen oder ein Zimmer ganz für sich alleine haben. All diese Reaktionen sind normal.


Viele Faktoren prägen die Trauerreaktionen

Die Reaktion auf den Verlust einer Schwester oder eines Bruders wird durch viele Faktoren geprägt. Dazu gehört zum Beispiel das Alter des Kindes, die Position als vor- oder nachgeborenes Kind, die geteilten Interessen und Rivalitäten. Ebenso wirkt sich die Erfüllung der kindlichen Bedürfnisse nach Sicherheit und Geborgenheit in der Familie auf die Reaktionen des Kindes aus.

Eltern sind von ihrem eigenen Verlustschmerz oft so überwältigt, dass sie nicht in angemessener Weise auf die Bedürfnisse des lebenden Kindes eingehen können. Infolge dessen können sich Kinder häufig ungeliebt und im Stich gelassen fühlen. Manchmal übernehmen sie auch die Rolle des Versorgers und Trösters ihrer Eltern. Sie hoffen, ihnen so wieder näher zu kommen.

Auch die Trauer von Erwachsenen, die ein Geschwisterteil verloren haben, wird vom Umfeld häufig nicht gesehen. Doch mit dem Auszug aus dem elterlichen Haus und dem Aufbau einer eigenen Familie endet die Beziehung zu dem Bruder oder der Schwester nicht. Sie verbindet eine Familiengeschichte, die nur sie so erlebt haben. Stirbt der Bruder oder die Schwester stellt dies das Ende der gemeinsamen Geschichte dar. Darüber hinaus stehen sich auch viele Geschwister bis ins hohe Alter noch sehr nahe. Entsprechend groß kann der Verlust für viele sein.