Klimabedingtes Verlusterleben
Ansteigende Meeresspiegel, Wetterextreme, bedrohte Kulturen, Ausbreitung von Krankheit. Für viele Menschen ist der Klimawandel eher ein abstraktes Konzept. Doch extreme Trockenheit, zunehmende Waldbrände und zerstörerische Wirbelstürme sind heute schon vielerorts zu beobachten. In den kommenden Jahren werden die Folgen immer deutlicher spürbar werden, die der Klimawandel mit sich bringt. Das hat auch Auswirkungen auf die seelische Gesundheit. Die Menschen trauern, weil sie klimabedingte Verluste erleiden. Dabei können die Verluste verschiedener Art sein.
- Wichtige Pflanzen- und Tierarten, Ökosysteme sowie Landschaften sterben klimabedingt. So haben die Menschen nach dem Hurrikan Katrina deutliche Trauerreaktionen gezeigt, weil ihr Lebensraum zerstört war und sie umziehen mussten. Auch bei den Inuit sind durch die voranschreitende Zerstörung ihres Lebensraums Trauerreaktionen zu beobachten.
- Verlust des Bezugs zur Natur. Es gibt viele Berufsgruppen, deren Mitglieder ein tiefgehendes Verständnis von den naturbedingten Kreisläufen besitzen. So wissen sie zum Beispiel, welcher Zeitpunkt am besten geeignet ist, um die Saat auszubringen oder die Weinreben zu ernten. Doch durch den Klimawandel erfährt dieses Verständnis zunehmend Verunsicherung. Häufen sich Fehleinschätzungen, nährt das den Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und dem Selbstverständnis. Trauer ist die Folge.
- Zukünftige Verluste. Vielen Menschen befürchten, dass der Klimawandel zukünftig ganze Kulturen, Landstriche auslöschen und viel Leid mit sich bringen wird. Das löst bei ihnen heute schon Trauer aus.
Die Forschung nimmt diese Art der Trauer immer stärker in den Blick. Noch ist jedoch wenig darüber bekannt, wie sich klimabedingte Trauer theoretisch erklären lässt und welche Risiko- und Schutzfaktoren bei dieser Art von Erleben zusammenwirken. Dennoch ist Trauer eine natürliche und legitime Reaktion auf ökologische Verluste.