Schwangerschaftsabbruch und Trauer

Unterschiedliche Beweggründe führen zur Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch. Dazu können zum Beispiel die gesundheitliche Gefährdung der Frau gehören, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, aber auch finanzielle Nöte, Beziehungsprobleme und ein nicht überlebensfähiger Fötus. In aller Regel treffen Frauen und Paare die Entscheidung zum Abbruch der Schwangerschaft nicht leichtfertig. Zudem hat der Gesetzgeber festgelegt, unter welchen Bedingungen ein solcher Schritt erst möglich ist.

Der Schwangerschaftsabbruch ist ein Themenbereich, der nahezu überall auf der Welt sehr kontrovers diskutiert wird. Insbesondere die Folgen für die psychische Gesundheit sind immer wieder Gegenstand der Diskussionen und werden auch zu politischen Zwecken instrumentalisiert. Dabei greifen engagierte Gegner und Befürworter dieser Praxis häufig auf wenig aussagekräftige Studien zurück. Denn die gut angelegten und sauber durchgeführten Studien zeigen in aller Regel neutrale Ergebnisse auf, die extreme Einstellungen nicht unterstützen. So legen die Ergebnisse letztgenannter Studien nahe, dass einige, aber bei weitem nicht alle Frauen in der Zeit direkt nach einem Schwangerschaftsabbruch trauern. Nur wenige leiden jedoch unter längerfristig auftretenden psychischen Problemen wie etwa Depressionen, Angststörungen, Komplizierter Trauer oder einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Das Auftreten dieser Erkrankungen kann Folge des Eingriffs sein, wahrscheinlicher ist aber, dass der Schwangerschaftsabbruch neben vielen anderen Faktoren dazu beigetragen hat, dass sich diese gesundheitlichen Probleme entwickeln. Zu den Risikofaktoren, die das Auftreten psychischer Probleme nach einem Abbruch wahrscheinlicher machen, zählen beispielsweise frühere psychische Erkrankungen, wiederholte Schwangerschaftsabbrüche, Stigmatisierung, fehlende Unterstützung aus dem sozialen Umfeld und eine ambivalente Einstellung zum vorgenommenen Abbruch.

Das Thema "Trauer nach Schwangerschaftsabbruch" findet häufig Erwähnung im Zusammenhang mit dem Thema Disenfranchised grief (auf Deutsch etwa: sozial weniger anerkannte Trauer). So können Verlustbetroffene den Eindruck entwickeln, ihre Trauer wird weniger anerkannt als die anderer. Im Falle von Schwangerschaftsabbrüchen kann es vorkommen, dass ein Abbruch zum Beispiel als ein weniger schwerwiegender Verlust oder als moralisch verwerflich bewertet wird und die betroffene Person aus diesem Grunde weniger Unterstützung von ihrem sozialen Umfeld, aber auch von Fachkräften bei der Verlustverarbeitung erhält, als sie sich wünscht. Dies kann negative Auswirkungen auf den Trauerprozess haben und im schlimmsten Falle das Auftreten psychischer Probleme fördern.

Schwangerschaftsabbrüche zählen zu den weltweit am Häufigsten durchgeführten medizinischen Eingriffen. Obwohl noch viele Fragen im Zusammenhang mit den gesundheitlichen Folgen offen sind, scheint es wichtig, dass die Fachkräfte, Frauen und Paare die psychischen Folgen dieser Eingriffe realistisch einschätzen können und diese weder überbewerten noch unterschätzen.