"Es gibt kein Lehrbuch darüber, wie man richtig trauert"
Bericht einer Betroffenen

"Ich stelle mir den Trauerprozess so vor, als säße man in einem Orchestergraben, und jedes einzelne Instrument spielt eine andere Melodie in höchster Lautstärke. Wie soll man da jemals Musik hören?" Das sind die Worte von Kat Lyons, deren Mutter 2017 an Brustkrebs starb. Lyons sieht Trauer als etwas an, mit dem man „Schritt für Schritt“ umgeht. Tod und Trauer sind etwas, das wir alle im Laufe unseres Lebens unweigerlich erleben. Doch es wird nicht genügend darüber gesprochen. Forscher haben festgestellt, dass die Art und Weise, wie wir an das Thema herangehen, daran schuld ist. Sammy Jenkins, der Autor des hier wiedergegebenen BBC-Artikels hat mit der Dichterin Kat Lyons über das Thema Trauer gesprochen.
Kat, die in Großbritannien auch als Dozentin für kreatives Schreiben arbeitet, sagt: "Ich glaube nicht, dass man sich jemals auf den Tod vorbereiten kann. Man hat das Gefühl, dass einem der Teppich unter den Füßen weggezogen wird. Ich habe mir gesagt: 'Ich bin erwachsen. Ich bin erwachsen, ich kann das alles, und dann konnte ich mir nicht einmal mehr eine Tasse Tee kochen, die Zähne putzen, all diese Dinge."
Kat meint, dass sie ihre Trauer "in eine Kiste packen und wegschließen" musste, um den Alltag zu bewältigen. Und dann, um die Trauer zu verarbeiten, hat sie "die Kiste allmählich geöffnet". Sie sagt, dass die Beerdigung ihrer Mutter die erste gewesen sei, an der sie je teilgenommen hätte und meint, ohne Rituale wie Beerdigungen könne es schwierig sein, den Tod eines Menschen zu verarbeiten.
Ihr hat das Schreiben über den Verlust bei der Bewältigung geholfen. "Man kann sich der Trauer indirekt nähern, weil man den Stift in der Hand hält und durch ihn alles niederschreiben kann. Es ermöglicht dieses kleine Maß an Kontrolle in einer Zeit, in der ich mich völlig außer Kontrolle fühlte". Kat räumt jedoch ein, dass jeder Mensch auf unterschiedliche Weise trauert. "Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass es eine sehr lineare Reise gibt - dass jeder auf die gleiche Weise vorgeht", sagt sie. Sie habe das Gefühl, dass die Menschen sich Sorgen machen, dass sie "die Trauer falsch angehen". Sie selbst hat häufig an ihren Reaktionen gezweifelt. "Ich dachte: 'Ich sollte auf dem Boden zusammenbrechen und weinen. Warum mache ich stattdessen meine Steuererklärung?' - oder 'Ich sollte nicht auf eine Party gehen, denn das ist falsch, denn wie kann ich feiern, wenn meine Mutter tot ist?‘". "Es gibt keinen Weg, richtig zu trauern", sagen Fachkräfte.
Dr. Lesel Dawson, der Co-Direktor des Bristol Centre for Grief Research and Engagement, sagt, dass manche Menschen Gespräche über den Tod als unangenehm empfinden, da sie "unsere eigenen Ängste vor der Sterblichkeit" und "dem Tod unserer Lieben" wecken können. Er fügt jedoch hinzu, dass das Forschungszentrum in Bristol "den Menschen helfen wird, sich sicherer zu fühlen", wenn es darum geht, offene Gespräche über Tod und Trauer zu führen. "Es gibt viele Möglichkeiten, über Tod und Trauer zu sprechen." Kat stimmt dem zu und sagt, dass manche Menschen mit dem Vokabular der Trauer nur schwer umgehen können. "Sie neigen den Kopf und sprechen mit sanfter Stimme und sind sehr besorgt. Nach drei Monaten hört jeder, der noch keinen Verlust erlitten hat, einfach auf zu fragen, weil er denkt, dass es schon so lange her ist, aber das ist erst der Anfang."
"Die Person, die man liebt, ist gestorben, und das ist ein Verlust, den man sein ganzes Leben lang mit sich trägt", sagte Dr. Dawson. Kat fügte hinzu: "Es ist einfach die Kehrseite der Liebe. Wenn du jemanden nicht liebst, dann wirst du auch nicht um ihn trauern. Trauern ist ein Akt der Liebe."
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