Streit über Bestattungsart zwischen Vater und Tochter
Gerichtsverhandlung über die Frage, wer über den Leichnam der Mutter bestimmt

Ein Bericht von Dirk R. Schuchardt (Trauerredner aus Duisburg)
Vor dem Amtsgericht Duisburg stritten Vater und Tochter am 20.02.2025 darüber, ob die im Januar 2025 verstorbene Mutter nun in der Ostsee oder auf dem lokalen Friedhof bestattet werden soll. Der beauftragte Duisburger Bestatter, durch eine einstweilige Verfügung an seiner Tätigkeit gehemmt, sitzt zwischen allen Stühlen. Er sorgt sich insbesondere um den Zustand der Leiche, deren Verwesungsprozess durch die Kühlung ja nicht aufgehalten, sondern lediglich verlangsamt wird. Inzwischen sind gut vier Wochen seit dem Tod vergangen.
Im Prozess gibt die Tochter, die in Norddeutschland wohnt, zu Protokoll, dass ihre vor vier Jahren an Demenz erkrankte Mutter in gesunden Tagen immer erklärt habe, in der Ostsee bestattet werden zu wollen. Diese Aussage wird von den langjährigen Freundinnen bestätigt. Es scheint so, als ob diesem Wunsch auch mit einem Vorsorgevertrag bei einem Bestatter in Norddeutschland vom September 2024 Rechnung getragen werden würde, den der Ehemann mitunterzeichnet hat. Die Tochter wünscht sich insbesondere, den Leichnam mit anzukleiden und bei der Einfahrt des Sarges in den Kremationsofen in Norddeutschland dabei zu sein.
In seiner Erwiderung spricht der Witwer davon, von seiner Tochter zur Unterschrift unter den Vorsorgevertrag genötigt worden zu sein. Er wünscht sich eine Beisetzung in Duisburg. Schnell wird klar, dass es sich hier im Kern nicht um ein juristisches Problem, sondern um ein seit längerem zerrüttetes Vater-Tochter-Verhältnis handelt, welches sich nun auf dem Rücken der Verstorbenen abarbeitet. Der emotionale Vorwurf der Tochter an ihren Vater, er habe ihre Mutter in den letzten Jahren nicht richtig gepflegt, zeigt, wie tief die Gräben sind, die Vater und Tochter voneinander trennen.
Im Verfahren kann die vorsitzende Richterin die Parteien nach der Vernehmung der Zeuginnen dazu bringen, über einen Vergleich nachzudenken. Nach intensiver Beratung einigen sich die Streitparteien darauf, dass der gekühlte Sarg aus Rheinland-Pfalz in ein Krematorium in Norddeutschland überführt wird, damit die Tochter wunschgemäß bei der Einfahrt des Sarges in den Kremationsofen dabei sein kann (was übrigens auch in Rheinland-Pfalz problemlos möglich gewesen wäre). Sodann wird die Aschenkapsel nach Duisburg gebracht, damit hier der Witwer eine Trauerfeier an der Urne gestalten kann. Nach der Trauerfeier wird die Totenasche dann in der Ostsee beigesetzt. Die Mehrkosten trägt die Tochter aus ihrem Vermögen.
Am Ende der Gerichtsverhandlung lässt diese viele Prozessbeobachter ratlos zurück: Wie kann es so weit kommen, dass Vater und Tochter über die Bestattung so sehr in Streit geraten, dass sie ein Gericht anrufen? Wie kann es sein, dass das Amtsgericht durch eine einstweilige Verfügung eine zeitnahe Entscheidungsfindung in einem eilbedürftigen Fall so sehr in die Länge zieht, wodurch der Verwesungsprozess weiter voranschreiten kann, ohne Rücksicht auf die Totenwürde zu nehmen? Ist es der Verstorbenen würdig, als in der Verwesung vorangeschrittene Leiche durch halb Deutschland transportiert zu werden, nur um im norddeutschen Raum statt in Rheinland-Pfalz kremiert zu werden?
Tipp:
Nach dem Bestattungsgesetz NRW sind die Ehegatten vor den Kindern totenfürsorgeberechtigt und bestattungsverpflichtet. Sie sind grundsätzlich an die zu Lebzeiten geäußerten Bestattungswünsche des Verstorbenen gebunden. Wer seine Bestattungswünsche separat in einer formfreien „Bestattungsverfügung“ schriftlich dokumentiert, vermeidet Streit in der Familie.